Studie: Banken so profitabel wie seit der Finanzkrise nicht mehr

Studie: Banken so profitabel wie seit der Finanzkrise nicht mehr

McKinsey: Durchschnittliche Eigenkapitalrendite 2022 zwischen 11,5 und 12,5% – aber Rückgang auf 7, in Europa auf 6% bis 2026 möglich – Sustainable Finance mit zusätzlichem Ertragspotenzial von 100 Mrd. US-Dollar jährlich – davon 25 Mrd. in West- und 10 Mrd. US-Dollar in Osteuropa – Deutsche Banken mit großen Fortschritten bei der Profitabilität, aber nur halb so profitabel wie weltweiter Durchschnitt

Trotz zahlreicher Herausforderungen sind die Banken weltweit so profitabel wie vor der Finanzkrise. 2022 wird die durchschnittliche Eigenkapitalrendite in der Branche zwischen 11,5 und 12,5% liegen und damit so hoch sein wie seit 2007 nicht mehr. Hauptgrund für das starke Abschneiden sind die wesentlich höheren Margen, die Finanzinstitute durch den Anstieg der Zinsen generieren können. Ihre Erträge werden die Banken in diesem Jahr global um 345 Mrd. US-Dollar auf dann insgesamt 6,5 Bio. US-Dollar steigern.

Die kommenden Jahre könnten für viele Institute jedoch schwierig werden. Im Falle einer weltweiten Rezession könnte die globale Eigenkapitalrendite bis 2026 deutlich auf 7%, in Europa sogar auf 6%, sinken. Dies geht aus dem aktuellen Global Banking Annual Review der Unternehmensberatung McKinsey & Company hervor. Die Eigenkapitalrendite deutscher Banken wird 2022 mit über 5% ebenfalls deutlich über den Vorjahren liegen, aber weiter unter ihren Eigenkapitalkosten. Deutsche Banken sind damit zudem nur halb so profitabel wie der weltweite Durchschnitt.

„Auch wenn die europäischen Banken in Sachen Profitabilität weiter deutlich hinter Instituten in den USA und Asien zurückbleiben, verzeichnet die Branche 2022 in der Breite einen deutlichen Anstieg der Eigenkapitalrenditen“, sagt Max Flötotto, Senior Partner und Leiter der Banken-Beratung bei McKinsey in Deutschland und Österreich. „Trotz des Aufwinds durch die gestiegenen Zinsen muss der Bankensektor die an vielen Stellen gestartete Transformation weiter vorantreiben. Angebote müssen digitalisiert und fokussiert sowie die Fähigkeiten des Personals weiterentwickelt werden, um Resilienz und Wachstum sicherzustellen – insbesondere angesichts der aktuellen Herausforderungen.“

Fast alle Geschäftsfelder legen zu – doch Bewertungen gehen zurück

Ihre Erträge können die Banken der Analyse zufolge 2022 in allen Geschäftsfeldern steigern. Einzige Ausnahme bildet das in den Vorjahren starke Investment Banking, wo die Erträge um 7% zurückgehen. Den größten Ertragszuwachs gibt es im Wealth Management, in dem mit 8% das durchschnittliche Wachstum verdoppelt wurde. Eine Trendwende ist bei Standard-Produkten wie Konten, Einlagen und Zahlungsverkehr zu verzeichnen. In diesen Bereichen waren die Erträge zuletzt zurückgegangen. 2022 kann angesichts gestiegener Zinsen ein Wachstum von 7% erzielt werden. Mit durchschnittlichen Eigenkapitalquoten zwischen 14 und 15% verfügen die Finanzinstitute zudem über eine solide Eigenkapitalausstattung.

Dennoch sind die Bewertungen der Banken – auch vor dem Hintergrund des Rückgangs der weltweiten Aktienmärkte – gesunken. So fiel ihre globale Marktkapitalisierung von 16 Bio. US-Dollar 2021 auf 14,5 Bio. US-Dollar Mitte 2022. Dabei machen klassische Banken die eine, spezialisierte Finanzdienstleister und Fintechs die andere Hälfte der Marktkapitalisierung aus. Letztere konnten ihren Anteil, der vor fünf Jahren noch bei 30 Prozent lag, weiter ausbauen. „Trotz der wesentlich niedrigeren Bewertungen vieler Fintechs bleiben die Bewertungsunterschiede zwischen klassischen Banken und spezialisierten Finanzdienstleistern bestehen“, sagt Reinhard Höll, Partner bei McKinsey und Experte für Payments. „Firmen, die nachhaltig profitable Geschäftsfelder wie Zahlungsabwicklung oder Consumer Finance besetzen, profitieren von tendenziell höheren Bewertungen.“ So beträgt beispielsweise das durchschnittliche Kurs-Buchwert-Verhältnis von Payment-Anbietern zwar nicht mehr 9 wie 2020, sondern nur noch 6, ist damit aber immer noch deutlich besser als das der klassischen Banken, welches bei etwa 1 liegt.

Sustainable Finance als Wachstumschance

Sustainable Finance spielt der Studie zufolge für viele Institute bereits eine zentrale Rolle. Nachhaltige Anleihen machen inzwischen 11% des gesamten weltweiten Emissionsvolumens aus. Bei ESG-gebundenen Konsortialkrediten liegt der Anteil sogar bei 13%. In Deutschland ist der Anteil noch höher. In den ersten neun Monaten 2022 wurde jede fünfte Anleihe in einer Nachhaltigkeitsvariante emittiert. Mit Green Bond-Emissionen mit einem Volumen von 45,5 Mrd. US-Dollar in diesem Zeitraum ist Deutschland zudem Spitzenreiter in Europa. Für Banken bedeutet das ein großes Finanzierungs- und Wachstumspotenzial. Um Klimaneutralität zu erreichen, ergibt sich bis 2030 für die Banken allein durch Direktfinanzierungen ein jährliches Finanzierungspotenzial von 820 Mrd. US-Dollar. Hinzu kommt das Ermöglichen weiterer Mittel für Unternehmen in Höhe von insgesamt 1,5 Bio. US-Dollar bis 2030. Allein durch Fremdfinanzierungen bietet sich so ein zusätzliches Ertragspotenzial von 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Europäische Banken könnten besonders profitieren, da 25 Mrd. US-Dollar davon auf West-, 10 Mrd. US-Dollar auf Osteuropa entfallen.

„Nachhaltige Finanzierungen haben sich in den vergangenen Jahren aus einer Nische im Finanzierungsuniversum zu einem der wichtigsten Treiber für Wachstum und Profitabilität der Banken entwickelt“, sagt Susanne Maurenbrecher, Partnerin bei McKinsey und ESG-Expertin. „Insbesondere die europäischen und auch die deutschen Banken sind beim Thema Sustainable Finance sehr gut positioniert, um vom großen Wachstumspotenzial durch den Finanzierungsbedarf für den Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft zu profitieren.“ Künftig dürfte das ESG-Ertragspotenzial für die Finanzbranche weiter steigen. Neben den Fremdfinanzierungen gewinnt das Thema ESG auch im Zahlungsverkehr, der Handelsfinanzierung, bei M&A-Transaktionen oder durch den Handel von CO2-Emissionszertifikaten weiter an Bedeutung.